Die Beste der Besten

Bled = Rudern, das war meine Assoziation. Jetzt ist alles anders:

Bled ist Türkis, Burg, Insel, Vila Istra und die Beste der Besten. 


Intensiver hätte der See nicht leuchten können. Wir biegen um die Kurve.... in tiefgrünem Türkis ruht er im Talkessel flankiert von den Julischen Alpen und den Karawanken. In heiterem Weiss blinzelt der Turm der Marienkirche auf dem weltberühmten Inselchen zwischen den Weiden hindurch. Ach da möchte ich hin. Sofort. 


Zuerst aber die Unterkunft beäugen, die auf booking sagenhafte 9,6 Punkte erzielt. 

Nachdem mich Bled städtebaulich bei der Durchfahrt gar nicht überzeugt hat (alte Hotelkästen), ist die Überraschung gross. Hotel wäre fast übertrieben. Die "Vila Istra" ist eine Jugendstil-Lady mit ganzen 8 Zimmern. 

Der Romantikfaktor ist kaum zu überbieten. Die seeeehr grosszügige Suite B ist komplett in Weiss eingerichtet mit einem Terrässchen und Zauberblick auf das Wasser. Eine Flasche Rotwein, eine Kerze... der Vollmond, und der Verkehrslärm der vorne durchführenden Strasse ist fast schon vergeben. 

Bevor die Beste der Besten auf dem Teller landet, ist Bewegung angesagt. Der Rundweg um den See verläuft grösstenteils lauschig unter herabhängenden Zweigen, die das Wasser küssen. 

Seerosen... Seerosen....5 Km Freude und Entspannung. 

Vorbei am modernen Zielhaus und an der Tribüne der Ruderer. Etwas gewöhnungsbedürftig, dass überall und direkt an den Spazierwegen Badetücher ausgebreitet werden. 

Aber schon bezirzt wieder der Blick auf die Insel, die von den bunten Ausflugsbooten angesteuert wird. 

Die Achter trainieren auf den windgeschützten Bahnen. Ihre Schläge hallen. Die Heckwelle trägt leichten Schaum. Er zerfliesst in Deinem Auge zu einem hauchdünnen Strich, wenn Du ganz oben auf der Trutzigen stehst. Der Burg. 

500'000 Eintritte jährlich, und jeder Besuch ist es wert. Der Tiefblick auf den See erntet mein Wouww, 

die Schlosskapelle meine Contemplatio 

und das Restaurant mein Lob. Das 2. Beste des Landes sei es. Auch hier tut frühzeitige Reservation not und die Hoffnung, man könne wettermässig draussen im Burghof geniessen, wo epochales Ambiente herrscht, während das Intérieur der Gasttätte eher zu bieder-nüchtern geraten ist. 

Überhaupt beschleicht mich da und dort in Bled ein seltsames Gefühl. Ich kann es nicht einordnen, aber es ist mir schon früher begegnet. Ganz ausgeprägt nun wieder in der "Vila Bled". Mitten im

Wald an erhöhter Lage und Premiumaussicht präsentiert sie sich grau und fast schmucklos. Eine frühere Klinik?

Das gepflegte Restaurant unter gebogenem Gemäuer mit feiner Küche müsste ein Renner sein, aber kein Mensch da. Ab und zu erscheint aus dem Nichts eine Braut. Foto mit View. Aber sie verschwindet wieder; offenbar wird nicht hier gefeiert. 

Still hier. Zu still.

Das Rätsel löst Tags darauf der Bootsführer auf der Barke. "Titos Palast"... alles klar.... die Slovenen möchten da nicht hin. Die Erinnerung, all die Lebenslust, die er ihnen gestohlen hat. In meiner Erinnerungsfestplatte macht es "klick". Ich erkenne die Schwingung von damals wieder. Als ich Moskau, Bukarest, Budapest zu kommunistischen Zeiten bereist hatte. Dieses Nüchtern-Nackt-Misstrauische.  

Time to go. Aber nicht ohne den Ausflug der Ausflüge zu absolvieren. Am frühen Morgen mit dem ersten Schiff um 8.30. Das Wasser wieder Türkis, ohne Ton, wenn da die quirlige koreanische Reisegruppe nicht wäre. 

Das scheint ja ein lustiges Volk zu sein. Geschnatter und Gelächter. Aljoscha der rothaarige Gondoliere sorgt zusätzlich für Hochstimmung. Seine wenigen, aber offenbar die Lachmuskeln stimulierenden Korseaischkenntnisse,  verbreiten unbeschwerte Fröhlichkeit. 

Wir sind die ersten auf der Insel. 99 Stufen führen hinauf zur Kirche. Allfällige Heiratsanwärter sind übrigens gehalten, ihre Braut vor der Trauung die ganze Treppe hinaufzutragen! 

In der Kirche wartet die Wunschglocke. Alle 20 Koreanerinnen und ich möchten am Strick ziehen. Was man sich wünscht! Silenzio!


Vor dem Gotteshaus wartet ein lauschiges Café. Und nun, hier unter grünem Schatten, hat sie ihren Auftritt: Die Beste der Besten. 

Die Bleder Crèmeschnitte.

Niemand kommt an ihr vorbei. So was von unverschämter Süsspeise. 

Ein Würfel aus stabilisierter Vanille- und Schlagrahmverschichtung gedeckelt mit puderzuckerbestreuselten Blätterteiglagen. Wie bei unseren hiesigen Crèmeschnitten outet sich auch hier die kniggegerechte Verspeisung als Herausforderung. Niemand würde es wagen, von oben mit der Gabel durch die Blätterteigschicht zu stechen. Dies würde zum Turm-von-Pisa-Effekt führen. Also verlustiert man sich in der Art, die unteren weichen Lagen im Aushöhlverfahren zu untergraben, was aber irgendeinmal doch zum Versagen der Statik und somit zum Einsturz führen muss. Jegliche Ettikette erklärt nun forfait. Der Blätterteig bricht in den Desserttraum ein und zerbröselt unkontrolliert. Die Mess auf dem Teller gross und der Genuss pompös.


Es lebe die Crèmeschnitte!


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