Ja nei aber au!! Jetzt stürchle ich seit Jahrzehnten kreuz und quer über den Globus. Schwinge mich von Unesco Welterbe Lokationen zu Weltwundern. Erklimme Pagoden und stürme Expositionen jeglicher Couleur... und nun so ein Anfängerfehler von mir. „Closed.... Lady!!!
Monday!!“ Ich könnte dem Agenten der Arabien Desert Tour durchs Telefon hindurch die Augen auskratzen, obwohl der Arme wirklich, aber auch gar nichts dafür kann. Seit 2 Monaten plane ich meinen 30 Stunden Stopover in Abu Dhabi und im Zentrum steht natürlich ER, der brandneue Louvre.
Ich sah mich schon in den weissen Kuben wandeln, über mir das schattenwerfende Netz von Jean Nouvels Gnaden. Ich würde mitreden können in der Szene der Kunstaffinen. Ich hätte in der Sunsetlounge bei einem Sauvignon Blanc der sandbleichen Sonne zugesehen, wie sie mit dem crèmefarbenen Dunst verschmölze, um der Dämmerung zu weichen.
Welches Chaotikum in meiner Agenda hat mich den Flug nach Abu Dhabi mit Ankunft am Sonntagabend buchen lassen. Montag sind praktisch alle Museen weltweit geschlossen.... und mein Weiterflug ist auf Dienstag 2.30 in der Früh gelistet. In diesem Moment bricht mein ganzes Programm wie ein Kartenhaus zusammen. Zurück auf Feld 1. Was werden nun die nächsten Stunden bringen? Ich wollte nur wegen „IHM“ hierher.
Zuerst nochmals aufkeimende Hoffnung. Etihad 622 gibt über dem omanischen Gebirge mächtig Gas und so kommt es, dass die Räder 30 Minuten vor Zeit die Piste berühren. Sonntag, 18.50. Der Louvre schliesst um 20 Uhr. Der Chauffeur des „Yas Viceroy Hotels“ lernt mich von meiner kreativ-entschlossenen Seite kennen. „Louvre, please!“ Er, der Nepalese, schaut mich entgeistert an. „Und die Koffer?“, fragt er. „Bleiben im Auto und sie warten, beim Museumseingang bis ich meinen Rundgang beendet habe. Und wenn es auch nur 10 Minuten sind; ich möchte da rein.“„Das kostet aber 200 AED mehr!“ die Fahrt, die Wartezeit. „Certo.... los.“ Der Fahrer montiert den fliegenden Teppich unter seinen Felgen. Wir pfeilen über die 5 spurige Autobahn. Die Speedsoftware outet Stress. Ständig piepst sie. Zu schnell!!! Da ein Rotlicht, hier eine Baustelle.... die Zeit... die Zeit und Saadiyat Island scheint nicht näher zu kommen. Die Nacht bricht herein... In grellem Weiss flackern hunderte von Strassenlampen auf. Gleich einer unendlich langen Perlenkette säumen sie den Mittelstreifen der Schnellstrasse. Es ist 19.57 als wir in den Parkplatz einbiegen. Ich hechte Richtung Einlass.
Ein Angestellter kreuzt meinen hastigen Weg. Ein bulliger Schwarzafrikaner, stämmiger Hals, blauer Anzug, breites Lachen, seine Zähne blitzen mit der weissen, gitterartigen Fassade um die Wette. „Sorry Lady... Jetzt geschlossen... sehen wir uns am Dienstag ab 9 Uhr?“ Er läuft von dannen.
Ich bleibe auf dem Vorplatz zurück, lasse die Schultern hängen; Enttäuschung. Es hat knapp nicht gereicht. Schliesslich hebe ich den Blick. Erst jetzt wird mir bewusst; ich bin hier ganz allein. Das Umgelände, das sonst von Hundertschaften von Kunstpilgern bevölkert, ohne Mensch. Und wird es nicht ein besonderes Geschenk sein, mit dem „Dom“, wie sie ihn nennen, gerade in dieser hochseltenen Solitüde auf DU zu gehen. Ich lasse mich auf die Stille ein.
Aus dem Innern fliesst Lila und verhaltenes Gold in das Wasser, das die neue Architekturikone umgibt.
Weisse Gitterwürfel beherrbergen die Exponate. Darüber....fast schwerelos, schwebt die Kuppel.
Ihre diamantartigen Durchlässe reflektieren das Licht in den rötlichdunkeln Himmel. Wenn ich meine Position nur unwesentlich verschiebe, glitzert da und dort auf dem Dom ein kurzes Leuchten in Kristallhell oder Eisblau auf.
Ein Raumschiff auf einer Marswelt, kurz vor dem Start. Das Jahr 3000. Bin ich Zeugin des Launches in eine ferne Zukunft? Oder hat gerade das Gestern vorbeigeschaut? Woher kommt denn SIE, die da erhaben liegt?
Eine Abessinierin. Die Katze, mit dem spitz geschnittenen Augen und den schmalen, langen Ohren, die auch von den Ägyptern vor 1000 Jahren verehrt wurde. Die Katze aus der Vergangenheit vor dem Gebäude des Morgen. Eine einmalige Kombination.
Komm kleine Göttin... gib mir noch eine graziele Bewegung, ein Zucken mit dem Schwanz.
Ich kann mich endlich losreissen.
Mein Gefühl:
Zeitenlos.
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Cornelia Bethge (Samstag, 19 Mai 2018 09:24)
Der eisblaue Strahl der Zukunft ist manifestiert. Lass uns ihn begehen ...
Herzliche Grüße, Cornelia