„Pssst....Silence, s‘il vous plaît. Die Damen Katharina Sophia Effinger und deren Tochter Sophie Effinger-von Erlach halten gerade Audienz im Salon hoch zu Schloss Wildegg.“
Ich habe mich im Kreise der Führungsteilnehmer vor den Vitrinen mit dem edlen Porzellan platziert. Was haben diese Gemächer, diese Gemäuer nicht alles erlebt.
Nicht überraschend waren die Habsburger als Lokalmatadoren im 13. Jahrhundert „gründungssteinlegend“ (Trutzburg) aktiv gewesen. Geprägt wurde die Burg jedoch über Generationen von der Familie Effinger. Aus Burg wurde Schloss.
„Katharina..... Du kokettierst aber ganz gewaltig hinter den opulenten Arrangements. Dabei versteckst Du Dich doch gar nicht gerne; Du und Deine Tochter Sophie haben das Leben intensiv gelebt. War da wohl bei der Tochter Sophie noch ein zweiter Aronstab im Spiel?“ Ihre Scheidung war doch so gar nicht comme il faut. Un scandale... welche Schande!!
„Aber eigentlich, Katharina und Sophie, pardon, sind ich und all die Umstehenden nicht wegen Euch gekommen. Und deshalb wieder .... Pssst.“
Es geht um Blumengeflüster. Der Verein „Flowers to Art“ lädt in diesen Tagen (6.-15. August 2021) zu einmaligen Blütenschwellgereien ein.
Neun Meistri der Floristik interpretieren acht historische Räume des Schlosses. Zimmer, die sich mit Hunger, Etikette, Verkuppelungen, Tanz, Schufterei, Verbotenen, Jagdfieber, Tod und Geburt ... und ... und ... füllten.
Der Chefkurator des aargauischen Museums und Kurator von „Blumengeflüster“ Dr. Rudolf Velhagen und der Meisterflorist Phillipp von Arx nehmen uns mit auf eine Reise durch die gestalteten Zimmer.
Fasziniert stehe ich unter dem Einlass in den nächsten Salon. Es treffen sich Freude und Trauer.
Auf einem Tisch das volle Leben, dargestellt mit vital-grünen, sich umschlingenden Trompetenblumen - aus Glas! Das Leben ist fragil. Und allzubald ist das, was so präsent ist... nur noch Memoie.
Getrocknete Äste von verblühtem Asparagus (Spargel) durchwirken hauchzart den Deckenbereich. Tausende von handgepressten Penseés von Hand einzeln angeklebt.
Als würde jedes leise hauchen: „Vergiss mich nicht.“ Eine federleichte Darstellung
des ewigen Geheimnisses, der Metamorphose von hier zu dort.
Eine Installation zum Verweilen, alleine. Meine Seele nimmt sich eine Minute Ausgang.
Nun aber geht es auch Zack in die Rotonde der Wendeltreppe. Meine Gruppe ist bereits entschwunden. Es geht in die Gästekammer. Koffer, Sinnbild für die vielen Ankömmlinge, stapeln sich unter sommerblauem Rittersporn. Ein Augenschmaus in Blau.
In einem nächsten Zimmer werde ich mich von süssem Duft betören lassen. „Sophie, ich weiss, Du hast hier des nächtens den Honigmond gefragt, weshalb Dein Sohn, Albrecht Friedrich ... seine Zeit war zu kurz. Hat die strömende Süsse der Boubonrosen dich umarmt?“
Oben im roten Estrich geht es da schon hemdsärmliger zu und her. Auf dem Ziegelboden wurde herzhaft gefochten und von der Jagd geschwärmt.
Der Florist Peter Schwitter, hat alle Tännchen ( Grotzen) von Hand ausgegraben und die Geweihe der Dammhirsche stammen aus der Umgebung.
Und nun die Turmkammer. Hier wurde Wäsche getrocknet. Die Komposition lehnt sich an die Labyrinthe der damaligen Lustgärten an.
Getrockneter Strandflieder hängt kopfüber an wolligen Kordeln. Ein begehbarer floraler Vorhang.
Ich schreite, verstecke mich, äuge zwischen den Vorhängen. Sinnliche Blumenkunst.
Es seien hier nicht alle Zimmer vorgestellt.
Ein spontaner Besuch in den nächsten Tagen könnte ich empfehlen. Draussen lockt der barocke Garten, berühmt für seine Rosen. Ein perfeker Ort, das Hier und Jetzt zu zelebrieren.
„Adieu Mesdames....ich muss weiter....danke für den augenzuckrigen Auftackt meiner opulenten Woche, in der ich manch süsses Lebensfrüchten verkosten möchte.
A bientôt à ......?
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Rena de la casa (Samstag, 07 August 2021 17:37)
Die Maestros der Floristik haben dich wach geküsst und zum Sehen und Schreiben verführt. Geglückt ist’s!
Ich freue mich, nächste Woche selber einen (geplanten) Augenschein zu nehmen.
Albert Müller (Samstag, 07 August 2021 20:32)
Vom Blumengeflüster zum edlen Porzellan und den reifenden Brombeeren - alles veredelt durch deine treffenden Worte - trotz opulenter Woche -
R.H. (Sonntag, 08 August 2021 19:01)
mega interessant und lebendig wiedergegeben, als wäre man selbst mit dabei. gratuliere!
��
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
�
Annalies (Sonntag, 08 August 2021 19:24)
Schöne Schilderung und schön,dass nicht alles verwelkt. Trotzdem pflege ich die Blumen lieber und stelle mich auf die Vergänglichkeit ein,so freue ich mich am Augenblick und auf das Neue,das uns die Natur bring....und natürlich auch auf deine nächsten blumigen Bericht und danke schon im voraus.
Sonja Wöss (Montag, 09 August 2021 12:49)
Danke für die schönen Bilder und Worte �
Freu mich schon auf‘s nächste mal!
DON PEDRO (Dienstag, 10 August 2021 17:09)
Ich war heute mit Donna Martha dort, übrigens das erste mal auf diesem Schloss. Macht es unbedingt auch - und lest im Nachhinein Francescas Essai - ein Traum! Vielen Dank Franziska