Fortyseven

Ich strecke gerade tiefenentspannt meine Zehen aus dem Wohlfühlpool und denke genüsslich: „Ach, was habe ich heute unserem Pandemie-Papst Alain und dem Huddelwetter-Generator Petrus für ein Schnäppchen geschlagen. Was ist denn an diesem Wochenende im Ausflugsbereich wettertechnisch möglich und gleichzeitig risikokompatibel?“

Meine Idee: „Auf zu den Römern“. Dahin, wo ich sowieso nass werde:


FORTYSEVEN!


Die neuste Bäderikone der Schweiz öffnete am 21.11.21.

Seit 2000 Jahren darf die Stadt Baden auf ihre Bäderkultur stolz sein. Die Römer entdeckten die 17 Quellen, die, wie der Thermenname verrät, 47 Grad heisses Wasser am Knie der Limmat an die Oberfläche drücken. 

Die Aquae Helveticae (Schweizer Wasser) erfreuten sich grosser Beliebtheit. Es gab Badehäuser und öffentliche Badebecken. Eine Tradition, die auch im Mittelalter und später im 19. Jahrhundert zu Hochblüten führte. In der Belle Epoque entstanden Grand Hotels. Aufgrund des extrem hohen Mineralgehaltes des Wassers, erlangte Baden Weltruhm. Das Who and Who der europäischen Gesellschaft traf sich hier zu Genuss, Heilung und auch informellen Treffen. Grund genug, die erste Schweizer Dampfeisenbahn von Zürich nach Baden zu bauen: Spanisch Brötlibahn (benannt nach dem Badener Blätterteiggebäck, Spanischbrötli, eine Spezialität, welche, die Zürcher gerne mit der Bahn von Baden nach Zürich importierten, da es reformierten Bäckern untersagt war, diese auf Zürcherboden zu produzieren).


Ab den 1960 igern Jahren begann der Niedergang. 2012 schloss die Anlage, um erst jetzt nach turbulenten Planungsphasen wieder im frischen Kleid zu eröffnen.

Gegenüber meiner bequemen Sprudelliege wird gerade ein Plätzchen am Beckenrand frei. Einmal Flussblick bitte. Die Stromschnellen der Limmat gurgeln.

Hier im Aussenbecken verlustieren sich nicht wenige Badefreudige. Dennoch: Abstand no problema. 


Nebel steigt auf, verquickt sich mit den puristischen terracottafarbenen Kuben. Mario Bottas neustes Werk begeistert. 

Der Infinitypool im Aussenbereich vermittelt Grosszügigkeit und Ruhe.

Der Meistro kommt in der Spezialausgabe der Aargauer Zeitung (12.11.21) nach dem Sinn einer Therme wie folgt zu Wort:

„Sehen Sie, in der Therme lässt der Besucher, die Besucherin alles hinter sich, was ihn im Alltag umtreibt: Die Arbeit, die Liebe, die Sorgen. Die Menschen gehen durch die Garderobe, wie durch einen Filter. Sie entkleiden sich und nehmen Abstand vom Alltag. In der Therme erleben sie einen Moment des Rückzugs.“

Rückzug, ist ein gutes Stichwort. Just now öffnen sich die Himmelsschleusen. Im

Innern erwartet mich die Qual der Wahl.

Soll ich ins Becken mit den Massagedüsen, oder doch gleich unter den frisurruinösen Nackenschwall? 

Im XXL-Whirlpool quirlen etwas viele Leute... also zur Mutprobe ins Eiswasser?

Im hinteren Bereich wäre noch die Textilsauna mit vorgelagerter Liegewiese 

und leider ignoriere ich die Anschrift KOSMOS. Wie hätte ich auch dahinter eine indigoblaue, dunkle Halle mit Solebecken vermuten sollen, wo ich in 15-minütigen kosmisch inszenierten visuell-musikalischen Sequenzen, aller Unbill auf Erden, floatend entgehen könnte (nur begrenzte Anzahl Personen, was wohl zu einer Warteschlange führt an solchen Tagen). 

Auch die Attraktion „Liebesmuschel“ bleibt vorerst unentdeckt und mein Start ins Universum verschiebt sich bis zum nächsten Besuch. 

Noch ein Blick auf die Chillarea mit schaukelnden Cocoons. Ich bin bereits heruntergefahren. 

Ich verlasse das Bad infiltriert mit einigen technischen Highlights: Die Quellen fördern pro Tag 900‘000 Liter Wasser, wofür man, um es auf 47 Grad aufzuheizen, 50 000 Kg. Holz täglich verbrennen müsste. 1/6 des Wassers wird für die Befüllung der Anlagen benutzt. Der Rest für Heizung des Gebäudes und über 80 Wohnungen.

Es dunkelt ein. Regenpause. Perfekt, für den adventlichen Badener Lichtkunstwerk-Spaziergang. Vorbei an den Hotels Blume (Candelnight-Dinner in der Atriumgalerie) wäre verlockend) und Limmaterhof, die sich für Übernachtungen und weitere Verwöhnung empfehlen würden, 

zieht es mich zur Lichtbrücke „Nebula“. Eine eigenwillige Kunstinstallation, die mit den Passanten , die sie beschreiten, spielt. Lässt sie Nebel qualmen oder verzaubert sie den Boden? Immer neu.

In der Altstadt strahlen Kunstobjekte des Lichtes. Beim Stadtturm erleuchtet ein Lichterball.

Der Tag wird zusammen mit einer delikaten Seezunge ausklingen. Allerdings nicht dort, wo ich des Abends immer hochäuge: Diese Lichter in der Höhe: Was ist da oben?

Diese Frage darf nächsten Tages nicht ungeklärt bleiben. „Schloss Schartenfels“ erwartet mich. 

Das  Hammer-Panorama auf Baden und Wettingen wird begleitet von herzlicher Gastfreundschaft und exzellenter Küche. 

 Tartar brilliert auf schwarzglänzender Platte 

und im Garten verzaubert ein Fonduedörfli, das wegen dieser unsäglichen Zeit erfunden wurde. Einzelhüttchen für ein Fonduemenue ganz privat bis 8 Personen.

It is on my list. Wie das sein wird: Lichtermeer, Glühwein und Caquelonspass hoch auf dem Felsen.

dann werde ich anstossen auf diese 24 Stunden voller Wasserglanz und Lichtertanz.

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Kommentare: 14
  • #1

    Armin (Montag, 06 Dezember 2021 11:54)

    Wundervoller Einblick, der Lust macht es selbst gleich zu erkunden. Danke liebe Franziska!

  • #2

    Petra Becker (Montag, 06 Dezember 2021 12:57)

    Vielen Dank für die schöne Inspiration, liebe Franziska!
    Eine schöne Woche Dir noch.

  • #3

    margrit furter (Montag, 06 Dezember 2021 14:57)

    super beschreibung. da will ich hin. bin schliesslich durch heirat argauerin geworden.
    mach weiter so.

    liebe grüsse
    margrit furter

  • #4

    Vreni Raemy (Montag, 06 Dezember 2021 15:44)

    Wunderbar und detailreich, danke dir vielmals Franziska.
    Liebe Grüsse Vreni

  • #5

    Werner Weber (Montag, 06 Dezember 2021 18:28)

    Liebe Franziska
    Deine Reportage, wie immer, beneidenswert. Für den nächsten Baden Trip, nicht verpassen. Wenn du von Baden nach Ennetbaden fährst, so siehst du die Goldwand. Den Goldwändeler solltest du degustieren. Ein wunderbares Aargauergewächs.

  • #6

    Elisabeth Huber (Montag, 06 Dezember 2021 20:41)

    Liebe Franziska
    Lustvoll geniessen bei garstigem Wetter und die atemberaubende Architektur von Mario Botta bestaunen! Was gibt es Schöneres?
    Vielen Dank für die inspirierende Reportage.
    Ich freue mich jetzt schon auf Deinen nächsten «Reise»-Bericht
    Elisabeth

  • #7

    Cornelia (Dienstag, 07 Dezember 2021 17:38)

    Das nächste Mal bin ich beim saunieren dabei … Lg., C&T

  • #8

    Annalies (Mittwoch, 08 Dezember 2021 11:37)

    Danke für deinen Bericht,der mich sehr gefreut hat,da meine Eltern, im Alter in Baden gelebt haben. Meinen Eltern hat es damals dort sehr gut gefallen und ich habe so die Stadt kennengelernt und schätzen gelernt.
    Freue mich auf den nächsten Bericht und wünsche dir alles Gute.

  • #9

    Albert Müller (Mittwoch, 08 Dezember 2021 13:33)

    Was heisst: "meine Zehen", wenn ich deren 15 zähle...
    Auch wir kennen Baden, zumal der Vater von Liselotte das Badhotel Limmathof führte, in den 60-iger Jahren! - Du hast den trefflichsten Badekurort gewählt!

  • #10

    Michel Planson (Mittwoch, 08 Dezember 2021 17:47)

    Bonjour Franziska,
    Super reportage et images au top également :)
    Pass auf dich auf
    Michel

  • #11

    Michel Planson (Mittwoch, 08 Dezember 2021 17:49)

    Prends soin de toi !
    Michel

  • #12

    Irmgard Scheidel (Freitag, 10 Dezember 2021 08:45)

    Wie immer eine herrliche Reisereportage! Sie gibt definitiv den nötigen Kick, das Erlebte auch selbst auszuprobieren. Ich bewundere dein Talent Franziska, so lebhaft schreiben zu können, dass ich am liebsten gleich dabei gewesen wäre. Nicht zu vergessen sind die schönen Fotos, die den Bericht so anschaulich machen.

  • #13

    Maria Knist (Freitag, 10 Dezember 2021 22:16)

    Danke für den tollen Bericht. Baden , eine Stadtführung und Casino Besuch, das war vor ca 15 Jahren. Da ist es an der Zeit neue Ein und Ausblicke zu sehen!���

  • #14

    Rena de la casa (Freitag, 17 Dezember 2021 19:46)

    Francesca, wie du meiner Heimatstadt ein verdientes Kränzchen widmest, das freut mich, sehr sogar.
    Lange Zeit sah es trüb aus mit der Bäderstadt, endlich erblüht sie neu. Zum Abschluss rundet der Blick vom Schartenfels deine tolle Story ab.
    Grazie mille, cara.