The Castle. I

Genau in diesem Moment bin ich am Ziel meiner höchsten Reiseträume angekommen. Ich habe es mir aufgespart für mein besonderes Jahr 2023.

Der Wagen biegt ab und durchfährt das riesige, trutzige Tor aus brachialen Granitquadern. Die Zinnen recken sich resilient in den verhangenen irischen Himmel. Der erste Eingang ist passiert.

Noch sehe ich es nicht. Helles Grün …. ein Golfplatz… ein Wäldchen…die Spannung steigt… mein Herz klopft… ein paar geschmeidige Kurven

und dann liegt es vor mir: 

THE CASTLE OF  MY DREAMS

Es ist viel eindrücklicher als auf jedem Bild, das ich je betrachtet hatte. 

Über die Brücke unter dem zweiten Tor hindurch rollt mein Gefährt. 

James, der Portier, gehüllt in ein olives Lodencape, mit Knopf im Ohr und roter Nelke im Revers, öffnet die Autotür… hebt den Zylinder, ein tiefer Bückling… „welcome myLady Francesca

to

ASHFORD CASTLE!“

Der besondere Moment der Ankunft will natürlich festgehalten werden.

Der Empfang in der Lobby würde nun eigentlich den Arriving-Champagne vorsehen, doch das Personal ist heute überlastet. Eine grosse Hochzeit ist angesagt. 

Schimmernde figurbetonte Satinroben und Federnhüte rauschen an mir vorbei. Eine prä-matrimoniale Aufregung erfüllt die Szenerie. Kleine Mädchen in Seidentaftröcken und Blumenkränzen in den Locken rennen über den Perser (verfolgt von den Eltern) und wärmen sich am Kaminfeuer. Der Bräutigam im schottischen Kilt sucht seine asiatische Braut, die etwas verloren ihren Blick in das rote Rosenbouquet versenkt und alsbald leicht verunsichert nach dem Schleier Ausschau hält, den eine Couvernante weggetragen hat. 

Letzte Vorbereitungen wie umstädlich einen Plastikschutz über  Stilettoabsätze stülpen, verlaufen… mehr oder weniger erfolgreich.

Die fehlende Willkommens-Perlage fällt mir gar nicht auf. Zu sehr bin ich von den Räumen geflasht. 

Der rubinrote Salon… der Kronleuchter tropft in tausend geschliffenen Glasbaguettes über den altehrwürdigen Tisch. Der Blick auf den Corrib See und den hochgepflegten Park mit Millimeter-Rasenschnitt.

Im Drawingroom lasse ich mich in eines der taubenblauen Sofas fallen. Die Kissen mit ornamentalem Jaquardmuster im Elfenbeinton erzählen von der Liebe, mit der hier eingerichtet wurde. 

Nachdem ich durchaus mit der Absicht angereist bin, meine Kreditkarte zu grillieren, bestelle ich (mangels  Compliment of the house) die Roséflûtes gleich selber, was die Kellnerin Arianna begeistert. 

Nach der Verspeisung von delikaten Lachstoats, erkunde ich, zwecks einer Kurzsiesta, mein indigoblaues Zimmer mit Weitsicht. Das BoxSPRINGbett gereicht seinem Namen alle Ehre, denn es lässt sich nur mit einer gewissen  - mit ausschweifendem Anlauf unterstützten Hochsprungtechnik -  erobern.

Paradoxerweise werde ich später durch RUHE aus dem Schlummer herausgedämmert. Die Marriage hat sich zu traulichen Ritualen in die Kapelle verzogen. 

Es schlägt die Stunde des hausinternen Historikers. Finn war früher Geschichtslehrer. Ich hänge an seinen Lippen. 

Das Schloss entwickelte sich über 800 Jahre zu dieser Grösse. Von der Verteidigungsanlage aus dem 12. Jh. (ganz links auf dem Foto) wurde es parallel zum See immer mehr erweitert. 

Kein Wort führt an der Familie GUINNESS vorbei. Für einen Schäppchenpreis erwarben sie das Schloss im Jahre 1852. Das Anwesen bildete sozusagen das Sprungbrett der Familie für den sozialen Aufstieg in die snoby englische Gesellschaft (Irland stand unter englischer Herrschaft). Wer wollte in den hohen Kreisen schon etwas mit einer simplen irischen  Brauereifamilie zu tun haben? Nasenrümpfen. 

Neben fokussierter Heiratspolitik, setzten die GUINNESSES Ashford Castle geschickt ein, um die Nobilitäten zu beeindrucken. Sie investierten unsägliche Summen in das Estate. 

Jagdausflüge, Empfänge vom Feinsten. Der Afternoon Tea, der von Lady Guinness installiert wurde, wird heute noch im herrlichen Connaught Room zelebriert. Das vergoldete Silberbesteck wird als grosser Schatz präsentiert (1050 Teile)!

Mit der Zeit wollte jeder auf die Einladungsliste des Guinness-Clans gelangen. Im Gleichschritt dazu kletterten die GUINNESSES die soziale Leiter hoch. Sie wurden zu Lord and Earls ernannt, galten als eine der reichsten Familien überhaupt. Ein weiterer Höhepunkt folgte, als der Prince of Wales George the V thhh eine Einladung zur Jagd annahm. 

Es wurde eigens eine neue Brücke samt Tor gebaut, ein Speisesaal neu designt und die George V Bar eingerichtet, die heute noch unverändert besteht.

Es folgten mehrere Besitzerwechsel, weitere Anbauten und Sad Storries. Seit 2013 ist die Anlage Teil der Red Carnation Group aus Südafrika.

Die rote Nelke (red carnation) steht für höchste Qualität

und einen respektvollen Umgang mit Personal und Resourcen). 

Die frisch Vermählten ziehen sich zum Festbankett zurück und ich steuere den Speisesaal an. 

So ein Tag… so wunderschön wie heute. Ein Chateâubriand… what else!

Der Chef de Service flüstert noch die letzten News ins Ohr:

„Passt …. ja nichts der Hochzeitsgesellschaft verraten: „Treffpunkt 23 Uhr vor dem Springbrunnen!“

Die Überraschung gelingt und wie.

Ein herrliches Feuerwerk beleuchtet die ehrwürdigen Mauern… taucht die Umgebung in glänzendes Gold

und lässt mich mit den andern Gästen in „Aahhhs und Ohhhs“ verfallen und vor Freude flippen.

Ich hatte diesen Ort für „Moments of Celebration“ ausgewählt.

Danke für dieses unverhoffte Geschenk.

Unvergesslich!