Kupferhaars Donaufahrt V


Tag 5


Sylvia holt uns an der Anlegestelle ab. Der Morgen steht zur freien Verfügung in Buda&Pest.  

„Wohin?“ fragt die viffe Taxifaherin. Ich lasse es mir fast auf der Zunge zergehen: „Café New York“. Meine Freundinnen Mascha und Tina  hatten mir den Tipp gegeben. Man sagt, es sei das schönste Café der Welt. Sylvia kennt alle Schleichwege, zirkelt durch enge Nebensträsschen. Schon sind wir angekommen und Heureka. Jetzt um neun Uhr morgens: Keine Warteschlange.

Wir treten ein und sind platt. Was für ein royales Ambiente. Goldzier, Fresken, Geschmeide und Säulen, die gerade im Begriff sein könnten, einen Bauchtanz aufzuführen. Ein Blick auf die muntere Gästeschar. Sicher keine Einheimischen. Dafür Influencerinnen, die mit geschürzten Lippen ihre Locken drapieren, um

mittels Selfiestab ihren Augenaufschlag optimal unter einem Triumpfbogen zu platzieren. 

Auch ich will dem Momentum huldigen und bestelle den 24 Karat Eiscaffé. 

Falsche Uhrzeit, umso herrlicher der Genuss, mit dem langstieligen Löffel durch die kompakte Rahmhaube in die Tiefe zu stechen. Den Schaum vom Löffel abzulecken. Die Goldplättchen bleiben an den Lippen hängen. „Zeit….bleib stehen. Bitte“.

Der Pianist stimmt Sinatras Evergreeen an. „New York… New York“.

Vor dem Eingang nochmals etwas Retro. Heute ist Oltimerfestival. 

Ob diese Kutschen auch zur Fischerbastei fahren? Auf dem Buda Schlosshügel herrscht schon Tourialarm. 

Die kalkweissen Türmchen recken ihre Spitzen in den Azurro-Himmel. Sissiwetter. Jeder drängt zu den Steinbögen, um das berühmte Foto hinüber zum Parlament zu schiessen.

Den Rückweg zum Schiff nehmen wir unter die Sneakers. Von der Kettenbrücke zur Elisabethenbrücke und schliesslich über die grüne Freiheitsbrücke. 

Bald heisst es: „Bye bye Budapest“. Wir werden die Princess aber erst in Esztergom wieder sehen. Wir sind auf den Ausflug „Donauknie“ gebucht. 

Auf das geschichtsträchtige Esztergom hat uns Chris am Vortag bereits ausführlich eingestimmt oder eingelacht. Es ist nicht nur der Krönungsort des ersten Königs Stefan, nein hier endet auch die dramatisch-traurige Sage des Rings der Nibelungen. Diese vermittelte uns Chris (Dr. Christian Leitner, der Doktor der Theologie und studierter Organist) am Vortag in der Lounge mit einer brilliant-komischen Vorstellung, die er durchwirkte mit einigen philosophischen Gedanken. Chris mimt den stolzen Rappen des Sigismund und galoppiert um die Bar, er leiht der Brunhilde eine Donnerstimme, mit jener diese ihren Lover fast zerquetscht. Er lässt die Krimhilde in hohen Tönen wimmern. Schickt den Sigismund unter eine Dusche mit sprudelndem Drachenblut, erledigt den scheinbar unverwundbaren blonden Hünen Sigi mit gezieltem Dolchstoss zwischen die Schulterblätter und schickt schliesslich alle Protagonisten ins Jenseits. Mit so viel Heiterkeit  ausgestattet, gehen wir auf die Exkursion.

Das Künstlerdorf Szentandre (Saint André) weiss zu gefallen. Wir besuchen eine Keramikmeisterin 

und eine Weberin.

Boutiquen mit Qualität oder vor allem ausuferndem Kitsch sind auch am Start. In einer  schattigen Gasse wird Levendel-Limonade angeboten. Erquicklich bei dieser Hitze. 

Später begeben wir uns auf Panoramafahrt und überblicken das Donauknie. 

Schliesslich der Dom von Esztergom ganz ohne Krimhild und Brunhilde. 

Das „Rütli“ der ungarischen Staatswerdung beeindruckt. 

Nach dieser geballten Ladung Geschichte ersehnen wir die Ankunft der Princess .

Ab in die klimatisierte Kabine. 

Der Abend wird noch mit kulinarischen Genüssen aufwarten und die kredenzten Rosés schicken uns alsbald in die Horizontale. 

Ich dämmere schon dahin, da höre ich, wie sich das Fenster leise aufschiebt…. „

„Jo mei…. ist das der Sigi?!“



Bildergalerie Budapest und Donauknie

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Kommentare: 5
  • #1

    Rena de la casa (Mittwoch, 11 September 2024 13:09)

    Café ‚New York‘ in Buda?
    Hoppla! Zu soviel Gold und Kitsch samt Touris passt ein kühlender Eiskaffee.
    Geschichtlich bist du und Kupferhaar jetzt up to date, dank Chris, ob mit oder ohne Sigi.
    Fotogalerie top, danke fürs Mitnehmen auf die Reise.

  • #2

    Dorte (Mittwoch, 11 September 2024 14:13)

    Eine interessante Reise mit vielen Eindrücken. Gerne höre ich mehr bei einem Lunch in Zug �

  • #3

    Erwin (Mittwoch, 11 September 2024 17:25)

    Eine Reise auf der Donau lohnt sich immer. Wir sind gespannt auf deinen nächsten Bericht. Geniesse alles!
    Gruss Erwin und Margrith

  • #4

    Albert Müller (Mittwoch, 11 September 2024 17:39)

    Wie immer - grossartig; aber am meisten hätte dem Gersauer ESZTERGOM gefallen!

  • #5

    Irmgard (Donnerstag, 12 September 2024 10:50)

    Mir hat dieser Reisebericht aus mehreren Etappen wieder SEHR gut gefallen. Ich habe mir alles mehrmals angesehen. Es brachte so viele Erinnerungen zurück aus meiner Zeit in Ungarn und Österreich.
    Ich liebe dein Talent fürs Storytelling. Der exzellente Aufhänger und rote Faden „Kupferhaar“… Übrigens wunderschön und absolut beneidenswert prächtig ;).